Noten weg. Was kommt jetzt?

Was passierte, als ich die Noten weglegte? Zu erst das Auftauchen eines unerträglichen Leere-Gefühls. Es ist nichts da. Aber dann lächelte die Leere mich an… ich höre das eine Stück in meiner Erinnerung nachklingen, aber ich spüre, dass ich mich diesem nicht fügen möchte. Ich möchte, dass es sich mir fügt. Und dann passiert das fast siebenminütige Experiment, welches sich eigentlich nach einer Ewigkeit anfühlt, nicht nach sieben Minuten. Mein sich-einlassen führt zu einem Zusammentreff nachklingender kleiner Passagen und Harmonien Schuberts mit meinen im unmittelbaren Moment auftauchenden Empfindungen. Diese werden von meinen Fingern bereits gespielt, bevor sich meine Gedanken die Empfindungen prozesshaft vornehmen. Meine Gedanken fühlen sich außer Acht gelassen. Sie wollen sich immer einmischen, aber meine Finger trotzen ihnen. Sie sind schneller. Beim Anhören der Aufnahme fühlt es sich so an wie eine klangliche Widerspiegelung eines mir bekannten Gefühls… einer sich, im Auto aus dem Fenster schauend entwickelnden Fantasie oder dem Moment des Verarbeitens eines noch unbekannten, unklaren Gefühls… Ich höre hin und werde von mir selbst auf eine Reise genommen. Ich weiß ja nicht mehr, was gleich kommt, nach dem einen Ton, das konnte ich mir nicht merken, weil ich es intuitiv spielte. Es ist nicht so, wie üblich, wenn ich eine Aufnahme von mir hörte und wusste, was gleich kommt, nach der einen Note, nach der anderen, nach dieser Terz, nach jener Passage, nach dem Piano und diesem Fortissimo. Diesmal war es anders. Ich war gespannt… Was kommt jetzt?