»Ich stand vor zwei theoretischen Problemen. Das eine war die Entfremdung. Jene Situation, die fast jedem aus dem Schulalltag bekannt vorkommt und in der man sich fragt: ‘Was mache ich eigentlich hier, wo ich so vielen stumpfen, teilnahmslosen Blicken begegne, vielleicht selber so schau und einfach keinen Anschluss finde?’ In der Sozialphilosophie gibt es eine lange Diskussion über ‘Entfremdung’, aber meiner Ansicht nach keinen guten Gegenbegriff. Den glaubte ich, nach längerem Suchen, gefunden zu haben: Resonanz.
Hartmut Rosa u.a.: Resonanzpädagogik und Schulleitung, 2018, S. 7f.
Das zweite theoretische Problem bzw. mein Wunsch war, die Anerkennungstheorie von Axel Honneth zu erweitern. Denn ich wusste zwar, wie sehr es im Leben, nicht nur in der Schule, um soziale Anerkennung, um Wertschätzung geht, darum, geliebt, akzeptiert oder wenigstens geachtet zu werden – aber ich spürte noch etwas anderem nach und schaute, wann und wie Bildungsprozesse gelingen. Wenn ich sah, wie sich jemand mit Haut und Haaren ganz auf eine Sache eingelassen hatte, sei es in Bezug auf einen bestimmten Unterrichtsstoff oder ein Musik-, Orchester- oder Theaterstück, dann dachte ich immer, dass es da nicht nur um Anerkennung geht. Es steckt doch noch etwas anderes dahinter. Und dieses Andere wollte ich näher anschauen und begann, es mit dem Resonanzbegriff zu erfassen.
ebd.
Das war wie eine Entdeckung für mich, wie ein theoretischer Durchbruch, über den ich ganz glücklich war. Und mehr und mehr konnte ich die lebenspraktische Seite sehen: Dort, wo Menschen miteinander zu tun haben, sich um eine gemeinsame Sache bemühen, dort ereignet sich etwas zwischen den Menschen, aber auch zwischen den Menschen und den Dingen, an denen sie sich ‘abarbeiten’. Und diese Prozesse beschreibe ich als Resonanzbeziehungen.«
ebd.